Sonntag, 11. Dezember 2022

Die letzten Tage der Dinosaurier

Das Leben ist zäh, nahezu unverwüstlich, jedenfalls als Ganzes betrachtet. Bei den Lebensformen sieht das schon ganz anders aus, wie das Aussterben der Dinosaurier zeigt. Die Folgen des Einschlag des rund 11 Kilometer langen Asteroiden vor rund 66 Millionen Jahren auf der alten Yucatán-Halbinsel war verheerend. Nicht nur für die Dinosaurier, sondern für das gesamte Ökosystem des Mesozoikums am Ende der Kreidezeit. In ihrem Buch beschreibt die US-amerikanische Wissenschaftsredakteurin Riley Black wesentlich mehr als nur „die letzten Tage der Dinosaurier“ und auch der Untertitel „Warum ihr Ende unser Anfang war und was ein Asteroid damit zu tun hat“ gibt nicht annähernd wieder, in was für aufregende Welten die Autorin ihre LeserInnen entführt.

Eine Kollision mit verheerenden Folgen

Nun ist ja inzwischen bekannt, dass das Aussterben der Dinosaurier direkt mit dem Einschlag des Asteroiden zusammenhing. Doch über die Welt vor dem Einschlag, die Black im ersten Kapitel so anschaulich beschreibt, haben die meisten Menschen kaum eine klare Vorstellung. Es war, wie Riley Black zeigt, die Welt einer der erdgeschichtlich erfolgreichsten und evolutionär wohl komplexesten Tiergruppen, deren Nicht-Vogel-Vertreter der Katastrophe weltweit zum Opfer gefallen sind. Es war aber auch eine Blütezeit der Säugetiere, die im von den Riesenechsen geprägten Ökosystem in unerwarteter Vielfalt ihren Platz gefunden hatten. Dass die einen überlebten und die anderen von der Erdoberfläche verschwanden, hängt, wie Riley Black nicht nur von den üblichen evolutionären Zufällen und Wechselwirkungen, sondern auch von der spezifischen Art des Asteroideneinschlags ab. Ein etwas anderer Winkel, und die ganze Geschichte wäre wahrscheinlich anders verlaufen.

Die Widerstandsfähigkeit des Lebens

So aber vernichteten die unmittelbaren und mittelbaren Folgen der Katastrophe rund 50% aller Gattungen und 20% aller Familien weltweit. Und nicht zuletzt verschwand auch die Pflanzenwelt der Kreidezeit in den Feuerstürmen, die über den Erdball rasten. Detailliert beschreibt die Autorin die unser Vorstellungsvermögen überschreitenden Ereignisse und Folgen innerhalb der ersten Stunde, des ersten Tages und des ersten Monats. Doch bereits in diesem Zeitraum der globalen Vernichtung, zeigt sich die unglaubliche Widerstandsfähigkeit des Lebens. Und so hat sich das Leben bereits einhundert Jahre nach dem Einschlag und immer noch unter dem Einfluss der verheerenden Folgen neu organisiert, eine aufstrebende neue Flora und Fauna entwickelt, die sich im Laufe der folgenden Jahrtausende, Jahrhunderttausende und Jahrmillionen zu neuen komplexen und aufregenden Ökosystemen zu entwickeln beginnt, an deren Ende der Mensch die prägende Rolle von den Dinosauriern übernommen und die Fähigkeit entwickelt hat, die erdgeschichtlichen Ereignisse zu rekonstruieren und in einem Buch wie diesem zu dokumentieren.

Wissenschaftliche Fiktion at its best

Bereits der Hauptteil des Buches stellt mit seinen bildgewaltigen Episoden ein wunderbares Beispiel für natural writing und anschaulichem Wissenschaftsjournalismus dar. Für mich wurde es aber auch im Schlusskapitel und im Angang noch einmal richtig spannend. Denn hier gibt die Autorin nicht nur ihre persönlichen Motive für die Beschäftigung mit dem Thema preis, sondern vermittelt zudem Kapitel für Kapitel die wissenschaftlichen Grundlagen für ihre Fiktionen der erdgeschichtlichen Vergangenheit, ihrer Lebewesen und des Ablaufes der Katastrophe. Eine hervorragende Art, den/die LeserIn nicht durch ständige Verweise in seinem Lesefluss zu stören und die Lektüre damit zu einem unterhaltsamen, erkenntnisreichen aber auch berührenden Erlebnis zu machen.

Riley Black: Die letzten Tage der Dinosaurier. Goldmann 2022. Gebunden mit Schutzumschlag, 344 Seiten.

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