Das erstaunliche Leben der Spatzen
Dass Spatzen inzwischen zumindest regional vom Aussterben bedroht sind, hat sich unter Naturaffinen Menschen ja bereits herumgesprochen. Umso erfreulicher, dass sich das lärmende Vogelvolk beispielsweise in den Sträuchern unter unseren Fenstern außerordentlich wohl zu fühlen scheint. Klar, Spatzen sind Kulturfolger und damit dem Menschen und seinen Kuchenkrümeln sehr zugetan. Und doch wissen viele, selbst vogelaffine Menschen nicht allzu viel über den federleichten Gesellen, dessen Leben so spannende Details aufweist. In ihrem Buch „Federleicht“ versuchen die Journalistin Eva Goris und der Umwelt- und Naturschützer Claus-Peter Hutter dem/der LeserIn das erstaunliche Leben der Spatzen gemeinsam nahezubringen.Eine Spätzin namens Federle
Um es gleich vorwegzunehmen, ich bin ein wenig enttäuscht von dem Buch. Doch ich muss auch betonen, dass diese Enttäuschung sicherlich subjektiv geprägt ist, weil ich aufgrund des Titels schlichtweg andere Erwartungen hatte. Vielleicht aber liegt es auch an der inhaltlichen Struktur des Buches, die mir gewisse Schwierigkeiten bereitet hat.
Genaugenommen handeln die Autoren mehrere Themen parallel und irgendwie ineinander verschränkt ab. Da ist zunächst das persönliche Erlebnis von C.-P. Hutter mit dem Spatzenmädchen „Federle“, das zweifellos einen gewissen Anteil am Entstehen dieses Buches für sich in Anspruch nehmen kann. Das sich für einen wilden Sperling recht ungewöhnlich verhaltende Federle taucht seit seinem ersten Besucht regelmäßig im Leben des Autors und natürlich im Buch auf und bildet mit den beschriebenen Episoden so etwas wie Verbindungsstücke zischen den einzelnen Kapiteln.
Spatzenleben
Das zweite Thema, dass sich durch das Buch zieht, sind die sich verschlechternden Umwelt- und Lebensbedingungen, das menschengemachte Artensterben, das den geselligen Vögeln zu schaffen macht. Daraus resultierend sind Fütterungs- und andere Tipps, wie etwa die Beschaffenheit und Pflege von Vogelhäusern, Hinweise zur Versorgung verletzter Tiere etc. etc. in die Ausführungen zum Leben der Spatzen eingestreut und natürlich fehlen auch Hinweise zur Kulturgeschichte des Sperlings nicht. Der/die LeserIn dieser Buchbesprechung mag bereits erahnen, worin meine Unzufriedenheit mit diesem Buch besteht. Denn bei all dem, was an Erfahrungen und Informationen aus den jeweiligen umweltschutzrelevanten Arbeitsbereichen der AutorInnen in das Gemeinschaftswerk einfließt, kommt für mich das im Titel versprochene Thema einfach ein wenig zu kurz.
Themenschwerpunkt Umwelt
Um nicht missverstanden zu werden, die Umwelt- und Artenschutzaspekte und auch die praktischen Tipps an sich sind nicht das Problem. Die sind heute wichtiger denn je. Aber in einem entsprechend strukturierten Anhang hätten sie m.E. einen adäquateren Platz gefunden. Stattdessen tauchen solche Aspekte in einer gewissen Ausführlichkeit auf, bevor der/die LeserIn noch wesentliches über das „erstaunliche Leben der gefiederten Freunde“ erfahren konnte. So beginnt das Buch nach der „Federle“-Einführung und ein paar statistischen Daten zum Nahrungsbedarf, Insektenknappheit durch landwirtschaftliche Monokulturen und Insektizide, erste Fütterungstipps mit „Insekten im Sinkflug“ und den Folgen für die Spatzen- und Vogelwelt, fordert „Mut zur wilden Ecke“ im Garten und liefert gleich entsprechende „Schritte zum vogelfreundlichen Garten nach“, um dann das Kapitel „Füttern – Aber was?“ anzuschließen.
Vogelratgeber mit Schwerpunkt Spatz
Im Grunde zieht sich diese Struktur durch das ganze Buch und ein anderer Titel, wie etwa „Der kleine Spatzenratgeber“ wäre dem Inhalt sicherlich eher gerecht geworden. So kann ich leider nur meiner persönlichen Enttäuschung Ausdruck verleihen und „Federleicht“ tatsächlich all jenen empfehlen, die eben einen Wildvogelratgeber für Haus- und Garten mit zusätzlichen Hintergrundinformationen zu Kulturgeschichte, Biologie und Verhalten des Sperlings lesen möchten.
Eva Goris, Claus-Peter Hutter: Federleicht. Das erstaunliche Leben der Spatzen. Heyne 2022, Hardcover, 222 Seiten.
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