Das Ende des goldenen Zeitalters
Schon als wir Nando und Garfield
kennengelernt hatten waren sie nicht mehr die Jüngsten. Und natürlich waren die
vergangenen fünf, sechs Jahre auch nicht spurlos an den beiden vorübergegangen.
Als Nando schließlich über die Regenbogenbrücke ging und eine zwar immer noch selbstbewusste
aber wackelige und taube Garfield zurückgelassen hatte, da änderte sich für die
Drei aus dem Tierheim so einiges.
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Der alte Nando in Begleitung von Benno |
Die Besitzer
des Reiterhofes hatten sich gleich zwei neue Hunde zugelegt. Jung und verspielt
waren sie und während Garfield den stürmischen Gesellen erfolgreich trotzte,
indem sie sich einfach mitten in den Hof setzte und sich nur durch ihre
Körpersprache von Beginn an Respekt verschaffte, waren unsere drei nun bald nicht
mehr ihres Lebens sicher. Nicht, dass die beiden neuen Hunde ein wirkliches
Problem dargestellt hätten. Es wäre ein Leichtes gewesen, ihnen beizubringen,
dass unsere drei zum Hof gehörten und daher Tabu waren. Immerhin hatten Benno
und Sally – die an ihrem Logenplatz unter dem Kotflügel auf dem Vorderreifen
oder auf der Hinterachse meines Geländewagens ohnehin unangreifbar war – nach
ausgiebiger Beobachtung der beiden Spielkälber bereits erste Testprovokationen
gestartet.
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Garfield, taub und wackelig |
Aber nun gab es niemanden mehr, der fremde Hunde vom Hof
ferngehalten hätte. Im Gegenteil, immer mehr Besucher des Reiterhofes brachten
ihre Hunde zum Spielen mit und so jagte nahezu täglich eine mal mehr, mal
weniger große Hundemeute unsere Katzen durch ihr eigenes Revier, bis in die
hintersten Winkel des Hofes. Selbst Garfield war dieser Situation nicht mehr
gewachsen und zog sich tagsüber in sichere Verstecke zurück.
Verständnis
für die Katzen war gerade in den ersten Monaten kaum vorhanden. Unsere Bitten,
die fremden Hunde wenigstens anzuleinen, wurden weitestgehend ignoriert. Stattdessen
die bekannten Sprüche: „Richtige Katzen können doch auf Bäume klettern“, „Unser
Hund kennt Katzen“, „unser Hund jagt Katzen nur, wenn sie wegrennen“, „Katzen
sind doch schneller als Hunde, da passiert schon nichts“ und so weiter und so
fort. Nur wenige begriffen, dass die Situation der Katzen vergleichbar war mit
dem Einbruch einer Bande von Killern in eine Privatwohnung. Und das nicht nur
einmal, sondern ständig und unangekündigt. Die Folge für die Katzen:
Hausarrest.
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Hausarrest für Tinka und Benno |
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Hausarrest für Sally |
Nach einigen
Monaten hatte sich die Situation ein wenig entspannt, die Zahl der Besucher mit
Hund ging zurück und meist waren die inzwischen auch angeleint. So konnten wir
die Katzen wenigstens jeweils für ein paar Stunden – natürlich abwechselnd, mal
Tinka und Benno, mal Sally – wieder ein wenig Freigang gönnen. Mit der
relativen Ruhe, die nun einzog, begann auch eine ganz langsame und vorsichtige
Annäherung zwischen den eigentlichen Hofhunden und unseren Katzen und
vielleicht wäre mit der Zeit auch wieder eine harmonische tierische
Hofgemeinschaft entstanden, wenn wir uns nicht – aus verschiedenen, im
Zusammenhang mit dieser Geschichte unwichtigen Gründen - hätten eine neue
Wohnung suchen müssen. Keine Frage, die drei Katzen mussten mit. Schließlich
waren wir die einzigen akzeptierten Bezugspersonen und die vergangenen
Ereignisse hatten gezeigt, dass sie allein auf dem Hof keine Perspektive gehabt
hätten.
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Tinka und Sally auf dem Balkon |
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Das Tinkchen ruft zur Arbeit |
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Katerchens Hochsitz |
Rund vier
Jahre nun leben wir mit den Tierheimkatzen vom Reiterhof in unserer neuen Wohnung
zusammen. Freigang kann es leider nur noch auf dem vernetzten, rund 20
Quadratmeter großen Balkon geben aber inzwischen haben sich die Katzen mit
dieser Situation arrangiert. Die starke Bindung an uns hat ihnen sicherlich
geholfen, diesen gravierenden Einschnitt einigermaßen zu verkraften. Nach wie
vor müssen wir Benno und Sally getrennt halten, Tinka hat die kleine Schwarze
mit zunehmendem Alter wenigstens akzeptiert. Und nachdem meine kleine Tigerkatze
Ende letzten Jahres über die Regenbogenbrücke gegangen ist, hat zumindest auf
meinem Schoß und am Computer nun die Sally ihren Platz eingenommen. Nein, Sally
kann mein Tinktierchen natürlich nicht ersetzen. Aber nun hat sie mit mir nach
endlosen Jahren endlich ihren eigenen Menschen, den sie mit niemandem teilen
muss. Und den, das zeigt sie mir täglich, lässt sie nicht mehr los. Sie hat es
verdient und einen neuen Job als Journalistenkatze hat sie nun auch.
Eine schöne, wenn auch manchmal traurige Geschichte. Unverständlich sind mir die Reaktionen der "Hundemenschen", die auf den Reiterhof einstürmten. Aber nun hat doch alles ein gutes Ende gefunden, und Sally füllt ihren Job als Journalistenkatze hervorragend aus!
AntwortenLöschenNa ja, es ist hier ja eine eher ländlich-bäuerliche Gegend. Das Verhältnis zu Katzen ist da oft ein recht - sagen wir es einmal diplomatisch - Ursprüngliches :-((.
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