Dienstag, 4. September 2012

Die Story von Sally und Benno 4



Das Ende des goldenen Zeitalters


Schon als wir Nando und Garfield kennengelernt hatten waren sie nicht mehr die Jüngsten. Und natürlich waren die vergangenen fünf, sechs Jahre auch nicht spurlos an den beiden vorübergegangen. Als Nando schließlich über die Regenbogenbrücke ging und eine zwar immer noch selbstbewusste aber wackelige und taube Garfield zurückgelassen hatte, da änderte sich für die Drei aus dem Tierheim so einiges.

Der alte Nando in Begleitung von Benno
Die Besitzer des Reiterhofes hatten sich gleich zwei neue Hunde zugelegt. Jung und verspielt waren sie und während Garfield den stürmischen Gesellen erfolgreich trotzte, indem sie sich einfach mitten in den Hof setzte und sich nur durch ihre Körpersprache von Beginn an Respekt verschaffte, waren unsere drei nun bald nicht mehr ihres Lebens sicher. Nicht, dass die beiden neuen Hunde ein wirkliches Problem dargestellt hätten. Es wäre ein Leichtes gewesen, ihnen beizubringen, dass unsere drei zum Hof gehörten und daher Tabu waren. Immerhin hatten Benno und Sally – die an ihrem Logenplatz unter dem Kotflügel auf dem Vorderreifen oder auf der Hinterachse meines Geländewagens ohnehin unangreifbar war – nach ausgiebiger Beobachtung der beiden Spielkälber bereits erste Testprovokationen gestartet.

Garfield, taub und wackelig
Aber nun gab es niemanden mehr, der fremde Hunde vom Hof ferngehalten hätte. Im Gegenteil, immer mehr Besucher des Reiterhofes brachten ihre Hunde zum Spielen mit und so jagte nahezu täglich eine mal mehr, mal weniger große Hundemeute unsere Katzen durch ihr eigenes Revier, bis in die hintersten Winkel des Hofes. Selbst Garfield war dieser Situation nicht mehr gewachsen und zog sich tagsüber in sichere Verstecke zurück.

Verständnis für die Katzen war gerade in den ersten Monaten kaum vorhanden. Unsere Bitten, die fremden Hunde wenigstens anzuleinen, wurden weitestgehend ignoriert. Stattdessen die bekannten Sprüche: „Richtige Katzen können doch auf Bäume klettern“, „Unser Hund kennt Katzen“, „unser Hund jagt Katzen nur, wenn sie wegrennen“, „Katzen sind doch schneller als Hunde, da passiert schon nichts“ und so weiter und so fort. Nur wenige begriffen, dass die Situation der Katzen vergleichbar war mit dem Einbruch einer Bande von Killern in eine Privatwohnung. Und das nicht nur einmal, sondern ständig und unangekündigt. Die Folge für die Katzen: Hausarrest.

Hausarrest für Tinka und Benno
Hausarrest für Sally
Nach einigen Monaten hatte sich die Situation ein wenig entspannt, die Zahl der Besucher mit Hund ging zurück und meist waren die inzwischen auch angeleint. So konnten wir die Katzen wenigstens jeweils für ein paar Stunden – natürlich abwechselnd, mal Tinka und Benno, mal Sally – wieder ein wenig Freigang gönnen. Mit der relativen Ruhe, die nun einzog, begann auch eine ganz langsame und vorsichtige Annäherung zwischen den eigentlichen Hofhunden und unseren Katzen und vielleicht wäre mit der Zeit auch wieder eine harmonische tierische Hofgemeinschaft entstanden, wenn wir uns nicht – aus verschiedenen, im Zusammenhang mit dieser Geschichte unwichtigen Gründen - hätten eine neue Wohnung suchen müssen. Keine Frage, die drei Katzen mussten mit. Schließlich waren wir die einzigen akzeptierten Bezugspersonen und die vergangenen Ereignisse hatten gezeigt, dass sie allein auf dem Hof keine Perspektive gehabt hätten.
Tinka und Sally auf dem Balkon
Das Tinkchen ruft zur Arbeit
Katerchens Hochsitz
Rund vier Jahre nun leben wir mit den Tierheimkatzen vom Reiterhof in unserer neuen Wohnung zusammen. Freigang kann es leider nur noch auf dem vernetzten, rund 20 Quadratmeter großen Balkon geben aber inzwischen haben sich die Katzen mit dieser Situation arrangiert. Die starke Bindung an uns hat ihnen sicherlich geholfen, diesen gravierenden Einschnitt einigermaßen zu verkraften. Nach wie vor müssen wir Benno und Sally getrennt halten, Tinka hat die kleine Schwarze mit zunehmendem Alter wenigstens akzeptiert. Und nachdem meine kleine Tigerkatze Ende letzten Jahres über die Regenbogenbrücke gegangen ist, hat zumindest auf meinem Schoß und am Computer nun die Sally ihren Platz eingenommen. Nein, Sally kann mein Tinktierchen natürlich nicht ersetzen. Aber nun hat sie mit mir nach endlosen Jahren endlich ihren eigenen Menschen, den sie mit niemandem teilen muss. Und den, das zeigt sie mir täglich, lässt sie nicht mehr los. Sie hat es verdient und einen neuen Job als Journalistenkatze hat sie nun auch.



2 Kommentare:

  1. Eine schöne, wenn auch manchmal traurige Geschichte. Unverständlich sind mir die Reaktionen der "Hundemenschen", die auf den Reiterhof einstürmten. Aber nun hat doch alles ein gutes Ende gefunden, und Sally füllt ihren Job als Journalistenkatze hervorragend aus!

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  2. Na ja, es ist hier ja eine eher ländlich-bäuerliche Gegend. Das Verhältnis zu Katzen ist da oft ein recht - sagen wir es einmal diplomatisch - Ursprüngliches :-((.

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