Samstag, 1. September 2012

Die Story von Sally und Benno 1


Einige Leser des Interviews, das die Redaktionskatze Sally mit Benno, dem Chef der Schwarzbärflotte geführt hat, waren ob des etwas gehässigen Untertons Sallys ein wenig irritiert. Aber Sally und Benno haben eine sehr lange und recht schwierige gemeinsame Vergangenheit, die ich zum Verständnis des gespannten Verhältnisses zwischen den Beiden an dieser Stelle in mehreren Teilen vorstellen werde.
Es begann im Jahr 2002, als es meine Frau und ich von Berlin auf einen nordosthessischen Reiterhof verschlagen hatte.

Wie wir Katzenmenschen wurden


Warum es ausgerechnet diese drei Katzen waren, die aus dem Tierheim auf den Reiterhof geholt wurden, daran erinnert sich niemand so richtig. Tatsache ist, dass es eigentlich nur zwei Katzen sein sollten, die als Ratten- und Mäusejäger auf dem Hof eingesetzt werden sollten. Es ging den Besitzern des Reiterhofes also nicht wirklich um die Liebe zu Katzen, sondern darum, dass sie ihren Zweck erfüllten. Letztendlich waren es eben drei der Pelztiere, ungefähr ein bis zwei Jahre alt, wie man im Tierheim erklärte.

Kater Benno auf dem Kleiderschrank
Nein, die Katzen hatten sich nicht wirklich aufgedrängt. Sie waren außerordentlich scheu und insbesondere die getigerte Tinka hatte sich kaum einfangen lassen. Die beiden Schwarzen, der Kater Benno und die Katze Sally, waren übrigens Geschwister – so behaupteten die Leute vom Tierheim – und alle waren Freigänger.
Wie dem auch sei, zunächst einmal bekamen die drei eines der Sechsbett-Gästezimmer, um sich an uns und den Hof zu gewöhnen. Und es dauerte bestimmt zwei Wochen, bis die Katzen es wagten, ihr Futter zu fressen, wenn sich jemand von uns im Zimmer aufhielt. Ansonsten verkroch sich Benno auf den Kleiderschrank, Tinka auf eines der Betten und Sally fand Schutz in einem Korb unter dem Bett, wenn sich ein menschliches Wesen auch nur ankündigte.
Sally in ihrem Körbchen
Mit der Zeit konnten wir, also meine Frau und ich - die die Betreuung der Fellnasen übernommen hatten, weil sich sonst niemand dafür zuständig fühlte – die Katzen an ihren jeweils sicheren Orten auch vorsichtig streicheln. Nicht, dass sie das wirklich genossen hätten. Aber sie liefen nicht mehr weg und ließen unsere Streicheleinheiten zumindest widerstandslos über sich ergehen. Und so kam es, dass wir jeden Tag immer mal wieder auf der Leiter standen, um den Kater auf seinem Kleiderschrank zu streicheln, halb unter dem Bett lagen, um Sally zu muscheln und auf einen Stuhl stiefelten, um Tinka den Rücken zu kraulen.
Einzahn-Tinka auf dem Bett
Tinka schien auf den ersten Blick die wildeste der drei zu sein. Immer, wenn man sich ihr näherte, fauchte sie wie eine Klapperschlange und entblößte dabei ihren einzigen Raffzahn. Ignorierten wir das wilde Gebaren, dann wurde die kleine Katze flach wie eine Flunder und ließ sich widerstandslos streicheln. Tinka war die einzige der drei, die ihre Streicheleinheiten ziemlich bald auch zu genießen schien. Und irgendwann verstärkte sich der Eindruck, dass dieses Fauchen eher eine Einladung zum Kuscheln darstellte.
Auf den Arm nehmen konnten wir die Katzen aber noch lange nicht. Machten wir auch nur den Versuch, so durften wir ihre scharfen Krallen kennenlernen.

Irgendwann war es dann soweit, die Katzen sollten auf den Heuboden umgesiedelt werden, um dort ihren Dienst anzutreten. Also holten wir Kisten, um die Katzen zu transportieren und zogen uns dicke Pullover an. Auf Arbeitshandschuhe hatten wir verzichtet, um die Katzen nicht unnötig zu ängstigen. Was soll ich sagen, es war ein harter Kampf bis wir die drei auf dem Heuboden hatten und vielleicht hätten wir doch nicht auf die Arbeitshandschuhe verzichten sollen. Das Ergebnis der Aktion waren jedenfalls zahlreiche Blessuren auf unserer Seite und auf dem Heuboden verschwundene Katzen.
Jetzt ging das Spiel wieder von vorne los. Die Katzen wagten es nicht, ihr Futter anzurühren, wenn wir auf dem Heuboden waren, sie blieben erst einmal verschwunden.
Wieder einmal bedurfte es viel Geduld und häufiger Aufenthalte auf dem Heuboden, um das bisschen Vertrauen wiederzugewinnen, das wir bei der Umsetzaktion verloren hatten. Aber auch das war uns schließlich wieder gelungen und wenn wir  (und nur wir!) auf den Heuboden kamen, dann hörte man hier das Miauen des Katers, dort das Rascheln der Katzen und insbesondere Benno und Sally liebten es, wenn vor allem meine Frau mit ihnen spielte. Und streicheln ließen sich inzwischen alle Katzen – wohlgemerkt nur von uns. Aber dass wir eine von Ihnen jemals ungestraft auf den Arm nehmen könnten, war damals nicht einmal im Traum vorstellbar. Irgendwie hatten uns die Katzen schon akzeptiert und wenn wir auf den Heuboden kamen, um ihnen das Futter zu bringen, dann zeigten sie uns voller Stolz ihre erlegten Mäuse. Für Ratten aber waren und blieben unsere drei begeisterten Jäger eindeutig zu klein. Ja, auch wenn sie uns nicht gehörten, die drei wurden zunehmend zu unseren Katzen.

Es folgt Teil 2: Der Kampf um Sallys Rückkehr

1 Kommentar:

  1. Freut mich, dass ich diese Geschichte lesen konnte und bin sehr gespannt auf die Fortsetzung. Wenn Sally und Benno Geschwister sind ist es kein Wunder, dass Sally ihn im Interview so behandelt - so sind die Katzenweiber zu ihren Brüdern, da kann mein Tommy ein Lied davon singen!

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