Sally im Gespräch mit dem Chef der Schwarzbärflotte
In den letzten Monaten hat mein Mensch eine
Reihe von Büchern herausgegeben, geschrieben, gemacht . . . ach was weiß ich
denn. Da ist dann dieses kleine Viech, dass immer solche sauber untereinander
aufgereihten Fliegendreckspuren hinter sich herzieht, wie verrückt über den
Schirm gesaust. Mein Mensch redet bei den Fliegenschisslinien immer von Schrift
oder Text. „Hilfe, mein Text . . . nicht schon wieder . . . lass das“, nörgelt
er immer, wenn ich seinem Geklapper mal etwas Substanzielles hinzufügen möchte.
Egal, uninteressant, ich darf dieses Flitzeding sowieso nicht fangen und mitschreiben
lässt er mich auch nicht. Aber beobachten darf man als Redaktionskatze doch
wohl noch!!
Letztens
jedenfalls entdecke ich doch tatsächlich Kater Benno, meinen Mitbewohner,
ausgerechnet auf einem Buchcover meines Menschen. Nicht mich, nein,
ausgerechnet Benno. Und dann noch als Chef einer ominösen Schwarzbärflotte. Er, der das
Wasser scheut wie die Gesellschaft eines Jagdhundrudels. Sie müssen mal sehen,
wie der dicke Kater über den Boden schwebt, wenn der auch nur feucht ist. Da
reicht ihm als Bodenkontakt die Kralle eines einzelnen Zehs einer einzigen
Pfote! Und dann muss ich ihn stolz an Bord eines Schiffes auf einem Buchcover von
meinem Menschen posen sehen.
Na ja, ich
habe ihn jedenfalls zum Interview eingeladen, durch die geschlossene Tür, denn
wir können uns eigentlich nicht ausstehen. Aber er hat angenommen, denn über
seine Eitelkeit und Geschwätzigkeit kriegt man Typen wie den immer J
Sally: Hallo Benno, wir sind ja schon
des Öfteren in Büchern unseres Menschen aufgetaucht. Ich denke da nur an die
Geschichte „vom geschwätzigen Kater“ oder „die Katze, die gerne groß sein
wollte“ aus dem Buch Katzenträume beziehungsweise Mit
Katzenaugen. Aber da waren wir gewissermaßen ja nur Vorlagen. Jetzt
posierst du offiziell als oberster Schiffskater auf dem Cover von Die
Schwarzbärflotte. Findest du das
nicht ein wenig daneben? Du hast doch wohl weder etwas mit Wasser noch
mit Seefahrt zu tun. Außerdem heißt du ja wohl Benno und nicht Schwarzbär.
Benno (kratzt aufgeregt an der Tür): Ein wenig Respekt solltest du einem
Nachfahren legendärer und verwegener Schiffskatzen schon entgegenbringen. Dass
ich auf dem Cover des Buches über wahre Geschichten von Schiffskatzen
abgebildet bin, versteht sich ja wohl von selbst. Ich führe meine Linie
immerhin auf den berühmten Einauge aus dem 17. Jahrhundert zurück. Das ist der
Schiffskater, der sich die besondere Anerkennung vom sagenhaften Rotbart
verdient hatte – nur falls du das Buch Die Rotbartsaga noch nicht gelesen
haben solltest. Und warum nennt mich mein Mensch wohl immer Schwarzbär . . na?
. . na? . . siehste!
Sally: Unser Mensch nennt dich auch
Dicker, Kugelkopf oder schwarzes Schaf und ich habe dich noch nie auf einem Cover
zum Thema Fettleibigkeit oder Mißbildungen posen sehen. Und dass es den Rotbart
oder Einauge, Graulocke oder Seetiger aus der Rotbartsaga gar nicht wirklich
gegeben hat, hat dein dicker Katerschädel wohl noch nicht so richtig gerafft.
Benno (putzt sich ausgiebig): . . . .
hmmmm, wer sagt denn, dass es Rotbart und so nicht gegeben hat. . . . Und
überhaupt, darauf kommt es doch gar nicht an. Es gibt so viele Beweise für meine
Abstammung von alten Schiffskatzendynasien . . .
Sally (leckt sich genüsslich und
aufreitzend die Pfote): . . . wie zum
Beispiel deine Liebe zum Wasser???
Benno: Was hat denn Seefahrt mit Wasser
zu tun. Selbst Heinrich der Seefahrer hat nie eine Schiffsplanke betreten. Als
Admiral des internationalen Schiffskatzencorps – dessen Mitglieder übrigens
wegen der überwiegenden Fellfarbe Schwarzbären genannt werden – muss ich ja
wohl nicht auch noch selbst zur See fahren. Außerdem sind ja die Zeiten vorbei,
als wir Schiffskatzen noch richtig hart arbeiten mussten. Der technische
Fortschritt hat auch unseren Job leichter gemacht. Da geht es jetzt mehr um
Kopfarbeit und Einfühlungsvermögen den Menschen gegenüber – dafür braucht man
nicht mehr unbedingt ein Schiff oder so.
Sally: Gut geschwätzt, Kater. Aber wo
sind denn nun die Beweise für deine edle Schiffskater-Abstammung? Übrigens das
mit der Bezeichnung Schwarzbär für Schiffskatzen hast du dir doch auch nur
ausgedacht.
Benno: Neee, eigentlich mein Mensch,
der fand das einfach witzig. Aber wenn du Beweise willst, hier kommen sie,
hier, hier. Du hast bestimmt schon mal was von Trim gehört . . .
Sally:
. . . du meinst den Schiffskater vom Matthew Flinders? Den hat es
tatsächlich gegeben, das kann man ja demnächst auch im neuen Buch unseres
Menschen Forscher, Katzen und Kanonen nachlesen. Und was hast du mit
Trim zu tun?
Benno: Na du musst dir nur mal seine
Beschreibung durchlesen. Allein seine Eigenschaften, geradezu ein Spiegelbild
von mir: mutig, schön, schmusig, stark, edel, treu. . . . .
Und dann die
weißen Pfoten, der weiße Spiegel auf der Brust, der elegante Bogen der Ohren,
das seidige, schwarz glänzende Fell. Ach was soll ich sagen, ich bin halt meinem
Urururgroßvater wie aus dem Gesicht geschnitten . . .
Sally: . . . Trim konnte auch schwimmen.
Benno: Ja, ein toller Kerl, nicht wahr?
Und sein Mensch hat auch geschrieben, dass er der Fürst, das Idealbild aller
Katzen war. Dass ich von ihm abstamme, darauf darf ich wirklich stolz sein. Und
deshalb bin ich auch völlig zu Recht als Chef der Schwarzbärflotte auf dem
Cover. Übrigens, kannst du ein Geheimnis für dich behalten?
Benno: Ist aber noch ganz inoffiziell .
. . ich habe gehört, dass im Buch Forscher, Katzen und Kanonen erstmals
die vollständige Story meines Urahnen Trim, so wie sie sein Mensch Flinders
niedergeschrieben hat, in deutscher Übersetzung veröffentlicht werden soll.
Sally: Mann Kater, ich war doch dabei als mein Mensch das
übersetzt hat. Und Trim taucht tatsächlich immer wieder in dem Buch auf, in dem
es ja um das Leben und Arbeiten an Bord von Forschungsschiffen des 18./19. Jahrhundert
geht. Ohne Schiffskatzen hätten die es ja nicht einmal bis nach Amerika,
geschweige denn in die Südsee geschafft. Ob aber tatsächlich gleich die ganze
Trim-Biografie mit veröffentlicht wird? Ich denke, da werde ich nochmal ein wenig
recherchieren müssen.
Benno: Na das wäre doch das Mindeste.
Und da es natürlich keine zeitgenössischen Bilder von Trim gibt, bin ich im
Falle der Fälle gerne bereit, mich als sein Urenkel und Admiral des Schwarzbärcorps
für Illustrationen zur Verfügung zu stellen.
Sally: Na das hat ja gerade noch
gefehlt. Bevor das hier unerträglich wird, danke ich lieber für das Gespräch.
Das nächste mal werde ich mir wohl wieder einen seriöseren Interviewpartner
suchen. Vielleicht den Max Schneider, der ist nicht nur (inzwischen) ein Kumpel
von Egon, sondern liebt, so weit ich weiß, auch Matrosenchöre – hach was für
eine geniale Überleitung . . .
PS:
Näheres zu den im Interview angesprochenen Büchern finden Sie beim Klick auf
die Coverabbildungen in der linken Sidebar. Und zum Thema „Forscher, Katzen undKanonen“ gibt es hier einen ganzen Blog.
Sally, das hast du wieder sehr gut gemacht, du bist mittlerweile schon in richtiger Profi! Am Anfang allerdings warst du ja schon ein wenig unhöflich zu Benno, aber das hat sich im Laufe des Gesprächs wieder gegeben.Ich jedenfalls habe mich gefreut, näheres vom Schwarzbärcovermodel zu erfahren! Und auf das neue Buch bin ich auch gespannt.
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