Donnerstag, 4. Juli 2024

UrZeitReise Deutschland

36 Entdeckungen von der Zugspitze bis Helgoland

Ich gehöre ja zu den Menschen, auf die Steinbrüche eine große Faszination ausüben. Da sind zum einen die offengelegten Formationen, Schichten, Strukturen, die mir als Laien eher Rätsel aufgeben, in denen Fachleute aber erdgeschichtliche Evolution lesen können, wie in einem offenen Buch. Zum anderen ist da die natürliche Evolution, die zeigt, wie die Wunden, die der Mensch aber auch die Natur in den Erdmantel schlägt, von Flora und Fauna wiederbesiedelt, erobert und neugestaltet werden. Und zum dritten ist da das Gestein selbst, das sowohl geologische Prozesse als auch paläontologische Informationen preisgeben kann. Die 36 Entdeckungen von der Zugspitze bis Helgoland führen den/die LeserIn chronologisch durch immerhin rund 600 Millionen Jahre erlebbarer Erdgeschichte.

Spektakuläre Fundorte

Die geologischen und paläontologischen Spuren und Besonderheiten der jeweiligen Erdzeitalter lassen sich in den 36 vorgestellten Plätzen anschaulich nachvollziehen. Nicht zuletzt, weil die Autoren des Buches Orte ausgewählt haben, an denen Geopfade und/oder Ausstellungen weiterführende Informationen zu den zutage tretenden geologischen Zeugnissen bieten. Dass die Grube Messel mit ihrem schier unerschöpflich erscheinenden Fossilienschatz aus dem Paläogen/Alt-Tertiär (66-23 Mio. Jahre) oder Solnhofen mit seinem Plattenkalk und den ebenfalls weltberühmten Fossilien (Jura 201-145 Mio. Jahre) zu den beschriebenen Orten gehören, versteht sich angesichts ihrer wissenschaftlichen Bedeutung von selbst. Und auch die Fossil-Lagerstätte auf dem Bromacker (Perm 299-252 Mio., Jahre), die sich vor allem durch spektakuläre Wirbeltierfunde (Amphibien und Saurier) auszeichnet und auf der seit 2020 ein neues interdisziplinäres Forschungsprojekt gestartet wurde, darf da natürlich nicht fehlen.

„Geheimtipps“

Doch bei den anderen Orten handelt es sich überwiegend um hinsichtlich der präsentablen Funde um weniger spektakuläre Orte, die zu besuchen sich für geologisch und paläontologisch interessierte Menschen dennoch lohnt. Da stößt der/die Besucherin auf aufsehenerregende gefaltete Formationen, die sogenannte Cloos-Falte im Ahrtal, auf Überreste des Kaledonischen Gebirges, das im Rahmen von Kontinentkollisionen im sogenannten Ordovizium (485 – 444 Mio. Jahre) entstanden war oder auf rund 250 Millionen Jahre alten Meeresboden, der als Muschelkalkschicht im Laufe der Zeit von einem darunterliegenden Salzkissen rund 1000 Meter in die Höhe getrieben wurde und seit dem 13. Jahrhundert als Kalksteinbruch genutzt wurde. Der Ort, der hier empfohlen wird, ist nicht nur ein geologisches Highlight, sondern als Rüdersdorfer Kalksteinbruch vor allem ein imposantes Denkmal Berliner Industriegeschichte.

Ein breites Spektrum

Es ist ein breites Spektrum geologischer Naturdenkmale, das die Autoren ihren LeserInnen in diesem Buch präsentieren. Und auch der interessierte Laie dürfte hier noch den einen oder anderen Geheimtipp entdecken. Natürlich können im Rahmen dieses Buches den einzelnen Orten jeweils nur wenige Seiten gewidmet werden, doch neugierig geworden, kann man sich natürlich über die angehängten Links weitere Informationen einholen. Spannend an den 36 Orten ist zudem, dass die zusammen so ziemlich die ganze erdgeschichtliche Dynamik der letzten mehr als 600 Millionen Jahre abbilden, vom Vulkanismus, Plattentektonik und Kontinentaldriften über mannigfaltige Sedimentbildungen, Meeresvorstöße oder Gebirgsauffaltungen und -überlagerungen, Eis- und Warmzeiten und vielen andere mehr.

Wilfried Rosendahl, Robert Darga, Volker Wrede: UrZeitReise Deutschland. 36 Entdeckungen von der Zugspitze bis Helgoland. Nünnerich-Asmus 2024. Paperback 160 Seiten.

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