Warum es in der Heiligen Schrift keine Katzen aber eine Killer-Kuh gibt
Es ist schon erstaunlich, was man bei der kulturgeschichtlichen Auseinandersetzung mit der Bibel, so alles erfahren kann. Das sogenannte Buch der Bücher zu lesen und zu erforschen, lohnt sich sowohl unter (natürlich) religiösen aber auch wissenschaftlichen Aspekten. Als je nach gesellschaftspolitischen Interessen immer wieder neu zusammengestellte Sammlung und Interpretation historischer Texte, deren Quellen bis weit in die vorderasiatische Frühgeschichte zurückreichen, erweist sich insbesondere das alte Testament als nahezu unerschöpflicher Forschungsgegenstand. Selbstverständlich gehören in diesem Zusammenhang die Tierwelt und das Mensch-Tier-Verhältnis des vorderasiatisch-europäischen Raumes ebenfalls dazu.Anleihen an die altorientalische Geschichte
In ihrem Buch stöbert das Theologen-Ehepaar Claudia und Simone Paganini auf der Suche Ursprung, Bedeutung und Entwicklung von Tieren in Psalmen, Büchern und Sprüchen der Bibel. Dabei stellen sie – allerdings ohne dem/der LeserIn über Gebühr unverdauliche Originalzitate zuzumuten – Texte vor, die heute in der kirchlichen Liturgie nur selten gelesen werden. Allein insofern ist dieses Buch eine kleine Entdeckungsreise, an der teilzunehmen mit der Begegnung von Drachen, Einhörnern oder Basilisken belohnt wird. Diese eher spektakulären Wesen sind jedoch nicht nur werbewirksamer Aufhänger für das Buch, sondern – das gilt insbesondere für die Drachen – gewissermaßen in neuem Kontext konservierte Erinnerung an die Frühgeschichte Vorderasiens, in die vorbiblische Entwicklungsgeschichte städtischer Zivilisationen.
Schwerpunkt christliche Welt
Dass diese Aspekte zwar angerissen, nicht aber tiefer behandelt werden, liegt in der Themenstellung des Buches, das seinen inhaltlich- kulturgeschichtlichen Schwerpunkt eher im christlichen Mittelalter mit seinen Anleihen an klassische Philosophen, Bestiarien, Heilkundigen und anderen Bibelkundigen verortet, die so manchem biblischen Wesen mit ihrer (Fehl-)Übersetzung und jeweils zeitgenössischen Interpretation in der unterhaltsamen Fabelwelt ein neues zuhause vermittelt haben. Tierrechtsaspekte im Kontext mit der gesellschaftlichen Verfassung der jeweiligen historischen Epochen werden ebenso behandelt, wie die Bedeutung ganz profaner (Nutz-)Tiere für die Menschen des christlichen Zeitalters.
Mehr als ein Tierpotpourri
Nach Aussage der Verfasser geht es in diesem Buch nicht um eine Suche nach biblischen Ansätzen für eine Tierethik und auch nicht darum, „die Tierwelt der Bibel unter historischen oder gar zoologischen Gesichtspunkten zu beschreiben“. Stattdessen gehe es, so das Autorenpaar, um die teils bunte, teils kuriose Tierwelt der Bibel um ihrer selbst willen. Ein schwieriges Unterfangen, wie die Ausflüge in die mesopotamische Mythenwelt, die künstlich hergestellte Verbindung zwischen Drachen und Dinosauriern, die Abstecher in die reale Welt oder das dann doch noch am Ende angehängten kurze Kapitel über Tierethik, dokumentieren. Glücklicherweise also ist das Buch ein wenig mehr als eine Darstellung eines bunten, mehr oder weniger skurrilen biblischen Tierpotpourris, allerdings weniger, als ich mir aus kulturhistorischer Sicht erhofft hatte.
LeserIn bei mehr Interesse am Thema allein gelassen
Keine Frage das Buch ist auch für religionsferne Menschen unterhaltsam und informativ und als Einstiegslektüre zum Thema durchaus interessant. Gerade hinsichtlich der im Titel gestellten Fragen bleibt es allerdings meist recht spekulativ und folgt gelegentlich recht einfachen Erklärmustern. Mit all diesen Kritikpunkten lässt sich aber als LeserIn durchaus leben. Als echten Mangel empfinde ich allerdings, das Fehlen von Angaben zu weiterführender Literatur sowie von Quellenangaben, die über die im Text angegebenen Bibelstellen hinausgehen.
Simone und Claudia Paganini: Die Biester der Bibel. Warum es in der Heiligen Schrift keine Katzen aber eine Killer-Kuh gibt. Gütersloher Verlagshaus 2022, Paperback 173 Seiten.
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