Mittwoch, 14. Oktober 2009

Die Wildkatze der asiatischen Felsensteppen

Der Manul ist trotz Teddyerscheinung ein echtes Raubtier



Wie ein kuscheliger Teddybär wirkt die faszinierende Wilde Katze Zentralasiens, die 1776 vom Zoologen und Botaniker Peter Simon Pallas entdeckt und benannt worden war.

Mit 2,5 bis 4,5 Kilogramm Gewicht und einer Kopf-Rumpf-Länge von 50 bis 60 Zentimetern ist der Manul etwa so groß wie eine gewöhnliche Hauskatze. Das dichte Fell jedoch, dessen Haarlänge die aller anderen Katzenarten überschreitet, macht aus dem stämmig gebauten Tier eine recht massige Erscheinung. Beine, Schwanz Schnauze und Ohren, alles kurz und gedrungen, eine optimale Anpassung an die recht extremen Lebensbedingungen des Manul.
Das Verbreitungsgebiet der Katze ist geografisch gesehen außerordentlich groß, es erstreckt sich immerhin vom südlichen Kaukasus über Turkmenistan, Usbekistan, Nordpakistan und Nordindien bis in weite Bereiche Tibets, des westlichen und nördlichen China und die Mongolei bis zur Region des Baikalsee in Russland. Tatsächlich aber beschränkt sich sein Lebensraum auf steinige Wüsten, Halbwüsten und Trockensteppen besonders in höheren Lagen. Bis in über 4000 Meter Höhe findet man den Manul, vorzugsweise in hügeligem, nicht verschneitem Gelände.

Der Manul, bedroht und unbekannt

Kälte und Wind können der Katze mit dem dicken Fell und den kurzen Gliedmaßen nichts anhaben, und für die Pirsch- und Lauerjagd ist sie hervorragend getarnt. Zusammengekauert, mit seinen runden, unauffälligen Ohren und der grau bis graubraunen Farbe des Fells wirkt er selbst wie das ihn umgebende Geröll.
Obwohl geografisch weit verbreitet und vor allem in Gebieten mit geringer Bevölkerungsdichte anzutreffen, muss der Manul als bedroht gelten. Nicht nur deshalb, weil er bis in die jüngste Vergangenheit wegen seines Fells stark bejagt wurde. Das mit rund 90% wichtigste Beutetier der plüschigen Wildkatze, der Pfeifhase, ist in weiten Teilen des Lebensraumes des Jägers durch gezielte Ausrottungsprogramme stark dezimiert worden. Von der Weltnaturschutzorganisation (IUCN) wird der Manul als „ungenügend bekannt“ und „wahrscheinlich als gefährdet“ eingestuft.

Ungeklärte Familienverhältnisse des Manul

Tatsächlich ist der Manul in vieler Hinsicht ein noch recht unbekanntes Wesen. Man weiß zwar, was er frisst, man kennt die Tragezeit (65 bis75 Tage), Lebenserwartung (max. 12 Jahre), Wurfgröße (vier bis sechs Junge) und Zeitraum bis zur Geschlechtsreife (vor Ablauf des ersten Lebensjahres) in der Gefangenschaft, über das Leben der außergewöhnlichen Wildkatze in freier Wildbahn jedoch ist wenig bekannt.
In der Verwandsschaftssystematik gehört der Manual zu den Kleinkatzen und zur Bengalkatzen-Gruppe, zu der neben der Namensgeberin der Gruppe auch die Rostkatze und so exotische Wesen wie die Fischkatze gehören. Da die Systematik aber trotz DNA- basierter Überarbeitung der „Familienverhältnisse“ im Jahr 2006 noch immer viele Zuordnungsfragen offen lässt, wird dem Manul in vielen Systematiken eine eigene Gattung (Otocolobus manul) zugestanden. Ansonsten wird er folgendermaßen klassifiziert: Familie, Katzen (Felidae); Unterfamilie, Kleinkatzen (Felinae); Gattung Felis; Art, Manul, also Felis Manul.
Für welche Einteilung man sich auch immer entscheidet, der Manul bietet immer wieder Überraschungen. So fehlt ihm als einziger Wildkatze der altertümliche Retrovirus, was für eine Abspaltung des Manuls vor der Infektion des gemeinsamen Vorfahren der anderen Katzenarten mit dem Erreger spricht.

Manul,  Bengalkatzen- oder Luchs-Gruppe

Für eine Zuordnung des Manul nicht zur Bengalkatzen-, sondern zur zur Luchs- Gruppe spricht übrigens mit ganzen 28 die geringe Anzahl der Zähne. In der Regel haben moderne Katzen 30 Zähne, deutlich weniger, als ihre katzenartigen Vorfahren mit den langen Schnauzen. So bringen es die Zibetkatzen und Mangusten immerhin auf 44 Zähne. Der effektive Einsatz der kräftigen Dolchzähne, der tödlichen Waffen der Katze, erfordert aber starke Kiefermuskeln an kurzer, kompakter Schnauze. Dieser notwendigen Verkürzung der Schnauze sind also im Rahmen der Evolution immer mehr Backenzähne zum Opfer gefallen.

Der Manul und die Pfeifhasen

Der Manul ist also zweifellos ein optimal ausgestatteter Jäger und Überlebenskünstler für seinen Lebensraum. Ob er aber vor dem Aussterben zu retten ist, mag bezweifelt werden. Trotz internationaler Konventionen zum Handel mit lebenden Exemplaren, Fellen oder Fellprodukten, die inzwischen von 120 Staaten, darunter auch wichtiger Staaten im Verbreitungsgebiet des Manul unterzeichnet worden sind, geht zumindest die Wilderei und der Fellschmuggel in gewissem Rahmen weiter. Aber die gezielte Ausrottung der Pfeifhasenbestände dürfte sich letztendlich als die größere Bedrohung für die Existenz des  plüschigen Jägers erweisen.

Fotos: Wolfgang Schwerdt
Links: Ausstellung "Alles für die Katz" in Münster
rechts: Ausstellung "Alles für die Katz" Kassel

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