The Ships' Cats Who Lapped and Mapped
the World
Es gibt nur wenig Bücher über die
Geschichte der Schiffskatzen. Das englischsprachige Seafurrers
ist meines Erachtens das Beste und Unterhaltsamste, das
bislang erschienen ist. Dabei ist es angesichts der recht spärlichen
Quellenlage – zumindest hinsichtlich der Zeit vor dem 19.
Jahrhundert - gar nicht einfach, ausreichend Stoff zum Thema
zusammenzubringen, der mehr als ein paar dutzend Buchseiten zu füllen
in der Lage ist. Autorin Philippa Sandall und Illustrator Ad Long
haben das Problem auf elegante aber auch arbeitsintensive Weise
gelöst und mit Seafurrers
ein immerhin rund 240 seitiges Büchlein vorgelegt.
Schiffskatzengeschichte aus
samtpfotiger Sicht
Eigentlich ist das, was die Autoren im
Buch niederschreiben und illustrieren, Barts Familiengeschichte. Denn
Bart, dessen Name eine Anspielung auf den portugiesischen Seefahrer
Bartolomeu Dias ist, entstammt einer uralten Schiffskatzenfamilie.
Und da Katzen bekanntlich der mündlichen Erzähltradition frönen,
hatte sich der Kater der unverzichtbaren Dienste der beiden Menschen
versichert, um die Geschichte der seefahrenden Katzen zu Papier zu
bringen. Und während die Autoren das Thema mehr oder weniger
systematisch und chronologisch angehen, lässt Bart unter „According
to Bart“ immer wieder und ausführlich die katzenspezifische Sicht
auf die angesprochenen Aspekte und Ereignisse einfließen.
Vom Pestkontrolleur zum Maskottchen
Bart beginnt seine Geschichte ganz am
Anfang, lässt den Leser am Prozess der Selbstdomestizierung der
Katze teilhaben und stellt nicht ohne Stolz seine berühmten Kollegen
vor, denen in jüngerer Vergangenheit sogar die Menschen Texte,
Anerkennung und im Einzelfall sogar Verdienstmedaillen gewidmet
haben. Natürlich übernahmen die Katzen auch an Bord zunächst die
Aufgabe der Nagerkontrolle und damit den Schutz von Ladung, Proviant
und nicht zuletzt Papieren und Naturwissenschaftlichen Sammlungen.
Als schnurrige „Mannschaftsmitglieder“ sorgten sie für das
seelische Gleichgewicht der Crew. Schließlich gingen die
samtpfotigen Seeleute auf den langen Reisen auch bei Havarien mit den
Zweibeinern durch Dick und Dünn. Und am Ende zierten Katzen ebenso
wie andere Vierbeiner die Schiffe als Maskottchen, bis sie in der
zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts aus den Handels- und
Kriegsmarinen verbannt wurden.
Im Dienste der Wissenschaft
Bart und sein zweibeiniges Team
entführen den Leser mit zahlreichen Zitaten aus historischen
Reiseberichten unter anderem an Bord der Schiffe der
Entdeckungsreisenden und vermitteln dabei neben den Anekdoten über
das feline Treiben eine gehörige Portion seefahrtsgeschichtlichen
Wissens. Man lernt tierische und menschliche Persönlichkeiten
kennen, und allerlei über die Mentalität und die außergewöhnlichen
Fähigkeiten der maritimen Stubentiger. So etwa, wenn der
Naturforscher Banks (Kapitän Cooks erste Reise 1768 - 1771)
vermutet, dass die Schiffskatze der Endeavour einen gezähmten
Vogel gefressen hatte, der als Fliegenfänger (und Forschungsobjekt)
in den Kabinen des Achterdecks seinen Dienst tat. Natürlich muss
Bart auch diesen Vorfall fachkätzisch kommentieren. Der Vogel ist
übrigens nicht das einzige naturwissenschaftliche Sammlungsobjekt,
das den Bordkatzen im Laufe der Geschichte zum Opfer gefallen ist.
38 Stories und Anekdoten
So unterhaltsam das Buch auch ist, es
verzichtet keineswegs auf kritische Aspekte der europäischen
Entdeckungsreisen. Etwa wenn die weltweite Verbreitung von Ratten und
eben auch Katzen mit ihren ökologisch teilweise verheerenden Folgen
angesprochen wird. Natürlich begegnen dem Leser auch in diesem Buch
die bekannten Verdächtigen wie Matthew Flinders Schiffskater Trim,
Simon, der Weltkriegsveteran oder Tom, der den Untergang der USS
Maine überlebte. Aber im Rahmen der 38 Schiffskatzengeschichten
präsentieren die Autoren zahlreiche Vertreter der felinen
Seemannszunft, die bislang kaum bekannt waren. Immerhin haben die
Autoren alte Zeitungen durchstöbert und sind dabei insbesondere in
den Ausgaben des 19. und 20. Jahrhunderts fündig geworden. In jener
Zeit waren wahre und erfundene Schiffskatzengeschichten ein beliebter
Lesestoff. Da ist beispielsweise die Story von der schwarzen Katze
Queen Lil, die laut einem Bericht im Los Angeles Herald vom
28. Juni 1908, ihr britisches Dampfschiff Daltonhall vor der
Kollision mit einem Eisberg bewahrt haben soll.
Das derzeit
Beste zu diesem Thema
Seafurrers ist eine wahre
Fundgrube an Stories, Informationen und Anekdoten. Eine liebevolle
und unterhaltsame kulturgeschichtliche Hommage an die seefahrenden
Samtpfoten, die ich den des Englischen mächtigen Lesern
uneingeschränkt empfehlen kann.
Philippa Sandal, Ad Long:
Seafurrers. The Ships' Cats Who Lapped and Mapped the World. The
Experiment 2018. Hardcover 243 Seiten.
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