Mit dem gerade erschienenen Die Nacht in der der Kater sang, startet Andrea Schacht eine neue Katzenbuch-Reihe. Diesmal hat sich die Autorin, die in verschiedenen Genres zu Hause und erfolgreich ist, dem Krimi mit Katze verschrieben.
Jenny von
Rosmalen leidet nach traumatischen Erlebnissen unter Angstzuständen und Panikattacken.
Ein Grund, weshalb sie in Anschluss an den Aufenthalt in der Psychiatrie einen
alten Hof in ländlicher Umgebung bezieht, um in der Einsamkeit zu genesen und
ihr Leben wieder in den Griff zu bekommen. Ihre erste Wahrnehmung beim Bezug
des Anwesens „waren vier blendend weiße
Pfoten, die in eine grau getigerte Katze übergingen, die wiederum auf einem
knallroten Blecheimer saß. Pfoten nebst Katze“, so erzählt Jenny, „verschwanden wie ein Spuk, geblieben war
der Eimer.“
Die
spukhafte Katze war Ghizmo der Streunerkater, zu dessen Revier Jennys neues
Domizil gehörte. Sein erster Eindruck von der neuen Hausbewohnerin: „Alles in allem offenbar ein etwas
jämmerliches Exemplar Mensch. Aber ihr Gesicht war nett.“
Ein neuer
Anfang und ein schreckliches Verbrechen
Mit der Ruhe
und Einsamkeit steht es allerdings nicht besonders gut. Immerhin zieht die Aufgabe,
aus dem heruntergekommenen Haus etwas Wohnliches zu machen, trotz Unterstützung
durch Freundin Miriam und der Tatsache, dass Jenny „stinkreich“ ist, erhebliche
Unruhe und Arbeit nach sich. Allein die ständige Anwesenheit der Handwerker,
die Notwendigkeit, hinsichtlich Einrichtung und Renovierung Entscheidungen zu
treffen und die Kontaktfreudigkeit der Nachbarn, lässt die Frau mit der
geheimnisvollen Vergangenheit nur selten zur Ruhe kommen. Und dann auch noch
der Vorfall mit dem Pony, dessen Kopf und Hufe ein unheimlicher Tiermörder auf
der Koppel zurückgelassen hat und in den Jenny verwickelt wird. Ghizmo ist
sogar direkt betroffen, immerhin war das Pony sein bester Freund und er hatte das
Verbrechen auch noch mit ansehen müssen.
Ghizmo, ein
Kater und sein Revier
Wer nun
denkt, dass Jenny zur grantigen Tatortermittlerin mit den Leser deprimierender Dauerpsychose
wird und sich Ghizmo als felidaeartiger Kriminalkater outet, wird angenehm
enttäuscht. Jenny ist trotz ihrer Probleme eine positive Persönlichkeit (und nett,
wie Ghizmo auf den ersten Blick erkennt), Ghizmo ein selbstbewusster liebenswürdiger
Streunerkater, dessen Revier sich mit denen seines Lieblingsfeindes Jaromir,
des gutmütigen Halbschwanzes Boris und der hochnäsigen weißen Selena
überschneidet. Und auch, wenn Ghizmo einen wichtigen Beitrag zur Ergreifung des
Täters leistet, seine Hauptarbeit besteht in der Pflege und Kontrolle seines
Reviers und der Ausbildung seines Menschen in Sachen artgerechte Katerbetreuung.
In den
Welten von Mensch und Katze zu Hause
Mit Jenny
& Ghizmo zeigt Andrea Schacht wieder einmal ihre Vielseitigkeit. Denn
obwohl in gewisser Weise ein Katzenbuch, unterscheidet es sich in seiner Art und
Story durchaus von den Anderen aus ihrer Feder. Ihre enge Affinität zu den eigenwilligen
Wesen der pelzigen Zunft stellt sie aber auch hier unter Beweis. Geschickt
beschreibt sie die Kommunikation zwischen Jenny und Ghizmo, ohne den Kater zu
vermenschlichen oder Jenny zu einer Katzenflüsterin zu machen. Beide leben in
jeweils ihrer Welt und dort, wo sich die Welten überschneiden, beschreibt
Schacht die Ereignisse aus der Sicht beider Spezies, immer aber in dritter
Person.
Die Lektüre
macht Spaß und ist spannend
Es ist eine
angenehme Lektüre, die den Leser über die unaufdringlichen Beschreibungen
emotional anspricht, da gibt es das persönliche Schicksal der menschlichen Protagonistin,
das im Laufe des Buches Stück für Stück aber nicht endgültig aufgedeckt wird,
da gibt es die leicht überzogen dargestellten Typen des kleinen Ortes
Freyenbach , mit denen Jenny in ihrem neuen Leben konfrontiert wird oder die stöckelschuhbewehrte
Freundin Miriam, die, als Businessfrau immer unter Zeitdruck stehend, das offensichtlich
unerschöpfliche Vermögen Jennys verwaltet. Nicht zu vergessen der merkwürdige pöbelnde
Motorradfahrer, der immer wieder unvermittelt auftaucht und viele andere mehr.
Die Geschichte, die sich mit Jennys (und damit auch Ghizmos) neuem Leben
entwickelt, ist für sich bereits tragfähig, der Kriminalfall sozusagen eine –
allerdings nicht überflüssige - Dreingabe. Es fällt daher auch schwer, das Werk
als reinrassigen Katzenkrimi zu bezeichnen. Die Genreeinordnung spielt aber keine
Rolle, die Lektüre macht einfach Spaß, ist spannend und entspannend
gleichermaßen, spricht Katzen- und sonstige Romanfreunde an und macht Lust auf
mehr. Darin unterscheidet sich Jenny & Ghizmo nicht von der ebenfalls in
Art und Story einzigartigen Jägermond-Serie.
Andrea
Schacht: Die Nacht in der der Kater sang. LYX Egmont 2016. Taschenbuch, 306 Seiten
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