Samstag, 20. Februar 2016

Die Nacht in der der Kater sang

Auftaktroman zur neuen Serie von Andrea Schacht

Mit dem gerade erschienenen Die Nacht in der der Kater sang, startet Andrea Schacht eine neue Katzenbuch-Reihe. Diesmal hat sich die Autorin, die in verschiedenen Genres zu Hause und erfolgreich ist, dem Krimi mit Katze verschrieben.

Jenny von Rosmalen leidet nach traumatischen Erlebnissen unter Angstzuständen und Panikattacken. Ein Grund, weshalb sie in Anschluss an den Aufenthalt in der Psychiatrie einen alten Hof in ländlicher Umgebung bezieht, um in der Einsamkeit zu genesen und ihr Leben wieder in den Griff zu bekommen. Ihre erste Wahrnehmung beim Bezug des Anwesens „waren vier blendend weiße Pfoten, die in eine grau getigerte Katze übergingen, die wiederum auf einem knallroten Blecheimer saß. Pfoten nebst Katze“, so erzählt Jenny, „verschwanden wie ein Spuk, geblieben war der Eimer.“
Die spukhafte Katze war Ghizmo der Streunerkater, zu dessen Revier Jennys neues Domizil gehörte. Sein erster Eindruck von der neuen Hausbewohnerin: „Alles in allem offenbar ein etwas jämmerliches Exemplar Mensch. Aber ihr Gesicht war nett.“

Ein neuer Anfang und ein schreckliches Verbrechen

Mit der Ruhe und Einsamkeit steht es allerdings nicht besonders gut. Immerhin zieht die Aufgabe, aus dem heruntergekommenen Haus etwas Wohnliches zu machen, trotz Unterstützung durch Freundin Miriam und der Tatsache, dass Jenny „stinkreich“ ist, erhebliche Unruhe und Arbeit nach sich. Allein die ständige Anwesenheit der Handwerker, die Notwendigkeit, hinsichtlich Einrichtung und Renovierung Entscheidungen zu treffen und die Kontaktfreudigkeit der Nachbarn, lässt die Frau mit der geheimnisvollen Vergangenheit nur selten zur Ruhe kommen. Und dann auch noch der Vorfall mit dem Pony, dessen Kopf und Hufe ein unheimlicher Tiermörder auf der Koppel zurückgelassen hat und in den Jenny verwickelt wird. Ghizmo ist sogar direkt betroffen, immerhin war das Pony sein bester Freund und er hatte das Verbrechen auch noch mit ansehen müssen.

Ghizmo, ein Kater und sein Revier

Wer nun denkt, dass Jenny zur grantigen Tatortermittlerin mit den Leser deprimierender Dauerpsychose wird und sich Ghizmo als felidaeartiger Kriminalkater outet, wird angenehm enttäuscht. Jenny ist trotz ihrer Probleme eine positive Persönlichkeit (und nett, wie Ghizmo auf den ersten Blick erkennt), Ghizmo ein selbstbewusster liebenswürdiger Streunerkater, dessen Revier sich mit denen seines Lieblingsfeindes Jaromir, des gutmütigen Halbschwanzes Boris und der hochnäsigen weißen Selena überschneidet. Und auch, wenn Ghizmo einen wichtigen Beitrag zur Ergreifung des Täters leistet, seine Hauptarbeit besteht in der Pflege und Kontrolle seines Reviers und der Ausbildung seines Menschen in Sachen artgerechte Katerbetreuung.


In den Welten von Mensch und Katze zu Hause

Mit Jenny & Ghizmo zeigt Andrea Schacht wieder einmal ihre Vielseitigkeit. Denn obwohl in gewisser Weise ein Katzenbuch, unterscheidet es sich in seiner Art und Story durchaus von den Anderen aus ihrer Feder. Ihre enge Affinität zu den eigenwilligen Wesen der pelzigen Zunft stellt sie aber auch hier unter Beweis. Geschickt beschreibt sie die Kommunikation zwischen Jenny und Ghizmo, ohne den Kater zu vermenschlichen oder Jenny zu einer Katzenflüsterin zu machen. Beide leben in jeweils ihrer Welt und dort, wo sich die Welten überschneiden, beschreibt Schacht die Ereignisse aus der Sicht beider Spezies, immer aber in dritter Person.

Die Lektüre macht Spaß und ist spannend

Es ist eine angenehme Lektüre, die den Leser über die unaufdringlichen Beschreibungen emotional anspricht, da gibt es das persönliche Schicksal der menschlichen Protagonistin, das im Laufe des Buches Stück für Stück aber nicht endgültig aufgedeckt wird, da gibt es die leicht überzogen dargestellten Typen des kleinen Ortes Freyenbach , mit denen Jenny in ihrem neuen Leben konfrontiert wird oder die stöckelschuhbewehrte Freundin Miriam, die, als Businessfrau immer unter Zeitdruck stehend, das offensichtlich unerschöpfliche Vermögen Jennys verwaltet. Nicht zu vergessen der merkwürdige pöbelnde Motorradfahrer, der immer wieder unvermittelt auftaucht und viele andere mehr. Die Geschichte, die sich mit Jennys (und damit auch Ghizmos) neuem Leben entwickelt, ist für sich bereits tragfähig, der Kriminalfall sozusagen eine – allerdings nicht überflüssige - Dreingabe. Es fällt daher auch schwer, das Werk als reinrassigen Katzenkrimi zu bezeichnen. Die Genreeinordnung spielt aber keine Rolle, die Lektüre macht einfach Spaß, ist spannend und entspannend gleichermaßen, spricht Katzen- und sonstige Romanfreunde an und macht Lust auf mehr. Darin unterscheidet sich Jenny & Ghizmo nicht von der ebenfalls in Art und Story einzigartigen Jägermond-Serie.

Andrea Schacht: Die Nacht in der der Kater sang. LYX Egmont 2016. Taschenbuch, 306 Seiten

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